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Geplante Verkehrsinfrastrukturen im Pustertal mit Olympiageldern
11. April 2024

Geplante Verkehrsinfrastrukturen im Pustertal mit Olympiageldern

„Wir machen ein Land zum Wegfahren und nicht zum Dableiben.“ - Die Gelder für Olympia 2026 haben zahlreiche Verkehrsinfrastrukturprojekte im Pustertal angestoßen: den zu begrüßenden Bau der Riggertalschleife für die Bahn, aber vor allem auch Straßenbauprojekte wie die Umfahrungsstraße in Percha, die Kreuzungsbereiche Olang und Rasen/Antholz sowie Projekte in Toblach und Innichen, die aufgrund ihrer Dimension den Transitverkehr im Pustertal anfeuern werden. Mit solchen Projekten „machen wir ein Land zum Wegfahren und nicht zum Dableiben“ stellte der renommierte Verkehrsplaner Hermann Knoflacher heute bei einer Pressekonferenz in Bozen fest. 

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Nachdem Hermann Knoflacher gestern in Toblach sein neues Buch „Virus Auto 4.0 – Lebensraum für Mensch und Natur in Stadt und Land“ präsentierte, stellte er heute auf Einladung von Heimatpflegeverband Südtirol, Dachverband für Natur und Umweltschutz, Initiativgruppe Olang-Rasen Antholz, Umweltring Pustertal und Plattform pro Pustertal die geplanten Verkehrsinfrastrukturprojekte entlang der Pustertaler Straße bei einer Pressekonferenz in Bozen auf den Prüfstand. Großveranstaltungen wie die olympischen Winterspiele erfordern laut dem Wiener Verkehrsexperten vorübergehende Maßnahmen im Verkehrssystem, die negative Folgewirkungen ausschließen müssen. Die Lösung liegt daher im Verkehrsmanagement unter Einbeziehung aller Verkehrsträger unter den Vorgaben der Klimaziele, des Landschafts- und Naturschutzes und Vermeidung schädigender Folgewirkungen für die Bevölkerung und die lokale Wirtschaft.

Chance Olympia
Die Olympiade bietet die Chance, um mit den bereitgestellten Mitteln Weichenstellungen für eine nachhaltige Veränderung der Verkehrsmittelwahl zum öffentlichen, Fußgänger- und Radverkehr zu setzen. Dafür sind aber die Mittel für eine beispielgebende verkehrliche Sanierung der Gemeinden einzusetzen und nicht zur Erhöhung und Förderung des schädlichsten Verkehrsträgers durch Fahrbahnausbauten. Denn die olympische Herausforderung findet nicht nur im Sport statt, sondern noch viel mehr in der Umsetzung wirksamer Maßnahmen zur Erfüllung der Klimaziele.

Mit den geplanten Projekten wird die Chance verspielt
Der zweistöckige Ausbau der Kreuzung Olang, der Ausbau der Kreuzung Rasen/Antholz, der dreispurige Ausbau zwischen Kiens und St. Lorenzen und die Großprojekte in Innichen und Toblach, aber auch die auf eine Maximierung der Fahrzeug-Kapazität und -Beschleunigung getrimmten Umfahrungen in Kiens und Percha erreichen vor allem eines: Das Autofahren wird noch attraktiver und damit ist noch mehr motorisierter Individualverkehr vorprogrammiert. Damit widersprechen die Projekte laut Knoflacher nicht nur den Klimazielen, sondern zerstören in den betroffenen Gemeinden das Landschaftsbild und vergrößern nachweisbar die Verkehrs- und Umweltprobleme auch in diesem Tal Südtirols. Die den Projekten zugrunde liegenden Planungsvorstellungen sind veraltet, weil sie die Systemwirkungen ignorieren. Damit wird dem Pustertal und auch dem Land Südtirol weiterer Schaden nicht nur im Verkehrssystem zugefügt.

Unwiederbringliche Qualitätsverluste
Mit jedem weiteren Quadratmeter nachhaltig zerstörter Landschaft durch Fahrbahnen und Betonflächen geht auch ein Stück Heimatbezogenheit nicht nur für die Bewohner, sondern auch für die Besucher und Touristen verloren, ist Hermann Knoflacher überzeugt und stellt klar, dass mit jeder Erhöhung der Geschwindigkeit im Autoverkehr das Land und die Bedeutung seiner Wirtschaft schrumpft. Das Fazit des renommierten Verkehrsplaners ist eindeutig: „Aus der Sicht eines Wissenschaftlers und Praktikers mit Jahrzehnten an Erfahrung ist die Entscheidung für diese Ausbauprojekte sachlich nicht nachvollziehbar und unter den heutigen Bedingungen einer Beschleunigung der Klimaveränderung und des Artensterbens nicht verantwortbar.“

Umweltverbände fordern Bahn statt Autowahn
Neben Hermann Knoflacher kamen bei der Pressekonferenz auch die Vertreter der Umweltverbände und Gemeindepolitikerinnen zu Wort. Albert Willeit vom Heimatpflegeverband Südtirol forderte, dass gleichzeitig mit dem Bau der Riggertalschleife auch der teilweise zweispurige Ausbau der Pusterer Bahnlinie erfolgen müsse, denn „nur dann ist die Bahn eine echte Alternative zum Auto“. Außerdem betonte Willeit, dass der Heimatpflegeverband natürlich die Entlastung von Anrainern durch Umfahrungen begrüßt, aber die vorliegenden Megaprojekte dienen vor allem der Verkehrsbeschleunigung und sind große landschaftliche Eingriffe mit enormen Flächenverbrauch.

Einfache Lösung für Kreuzung Olang, Hochwasserschutz und Bahnhofsprojekt für Innichen
Nikolaus Spitaler, Vertreter der Initiativgruppe Olang-Rasen Antholz und Gemeinderat in Olang betont, dass der „einzige „Vorteil“ einer doppelstöckigen Variante der Kreuzung Olang der „flüssige Verkehr” auf der Hauptachse sei, dies bedeutet allerdings gleichzeitig eine ungebremste Durchfahrt für den Transitverkehr!“ Deshalb sollte auch dort ein funktioneller und umweltschonender einstöckiger Kreisverkehr umgesetzt werden.

Greta Serani, Gemeinderätin von Toblach fordert vor allem Transparenz und Bürgerbeteiligung ein. Nach dem Bau der drei Kreisverkehre sei höchstens eine Neuordnung der Mobilitäts-Abläufe am Bahnhof Toblach notwendig. Auch die ehemalige Bürgermeisterin von Innichen Rosmarie Burgmann kam mit einer klaren Forderung nach Bozen: „Innichen braucht dringend den Hochwasserschutz samt Straße im Osten und die Umsetzung des Bahnhofprojektes aus dem fernen Jahr 2013. Dafür wären Olympiagelder hilfreich. Was Innichen sicher nicht braucht ist eine talquerende Brücke über Eisenbahn und Drau und auch keine Südumfahrung im Tunnel.“

Link Aufzeichnung: https://www.youtube.com/live/epIUMTYub-s?si=cg0fORpMz_4t7atQ

v.li./da sin. Albert Willeit, Rosmarie Pamer, Claudia Plaikner, Hermann Knoflacher, Greta Serani, Nikolaus Spitaler, Josef Oberhofer