Fünf vor zwölf für Südtirols Bienen

Bioland - Imker fordern mehr Schutz vor Insektiziden - Die Imker in den Südtiroler Obstgebieten stehen vor existenziellen Herausforderungen. Das liegt nicht nur an der schlecht ausgefallenen Honigernte, sondern vor allem am alarmierenden Zustand ihrer Bienenvölker. Ob die geschwächten Völker den Winter überstehen, ist fraglich. „Seit dem Frühjahr sind die Bienen geschwächt. Da bis in den Sommer hinein bienenschädliche Insektizide in den Apfelanlagen ausgebracht wurden, konnten sie sich nicht erholen“, erklärt Franz Laimer, Imker-Gruppensprecher bei Bioland Südtirol.

Die betroffenen Imker beklagen bereits über die ganze Saison hinweg massive Flugbienenverluste. „Wenn die Arbeiterinnen abends nicht in den Stock zurückkehren, ist das eine Katastrophe für die Völker“, so Laimer. Es fehlten den ganzen Sommer über durchschnittlich zwischen 10.000-15.000 Bienen pro Volk. Der miserable Zustand der Völker macht sich im Spätsommer in den geringen Honigmengen bemerkbar.
In Südtirol werden jedes Jahr, besonders im Frühling und Frühsommer, Bienen und andere Bestäubungs-Insekten (Wildbienen, Hummeln, Schwebfliegen etc.) durch den massiven Einsatz von Insektiziden geschädigt. Sie greifen meist direkt die Nervenzellen der Insekten an und stören die Signalübertragung. Das führt häufig zu Gedächtnisverlust und Orientierungslosigkeit. Die Insektizide verursachen aber auch Krämpfe und machen sie flugunfähig, was häufig zum Tod führt. Schon eine geringe Dosis kann diese Symptome auslösen. Außerdem wirken sich die Gifte negativ auf die Fähigkeiten zur Nahrungssuche und Fortpflanzung aus. Die Kombination mit einer artenarmen Umwelt schwächen die Widerstandsfähigkeit der Bienen und macht sie anfälliger für Krankheiten und Parasiten wie die Varroa-Milbe.

„Die Schädigung der Bienen trifft vor allem die Landwirtschaft selbst, die gewissermaßen die Axt an den eigenen Stamm legt, da Honig- und Wildbienen für die Bestäubung in Landwirtschaft und Natur unverzichtbare Leistungen erbringen“, so Laimer. Bioland fordert, den Einsatz bienengefährlicher Stoffe in der Landwirtschaft stark einzuschränken und zum Teil zu verbieten. „Wenn uns etwas am Erhalt der Imkerei und der Leistung der Bienen liegt, müssen wir sie ganzjährig vor Pestiziden schützen. Das Insektizidverbot während einiger Tage in der Blütezeit ist in dieser Hinsicht größtenteils wirkungslos“, so Laimer.

Folgende Produkte stehen als bienengefährlich fest und werden trotzdem in der Landwirtschaft von der Beratung weiterhin empfohlen und zum Teil mehrfach eingesetzt: Trebon (Wirkstoff Etofenprox), Dursban (Wirkstoff Chlorpyrifos), Confidor (Wirkstoff Imidacloprid ), Dantop (Wirkstoff Clothianidin), Actara (Wirkstoff Thiamethoxam), Insegar (Wirkstoff Fenoxycarb). Das Mittel Calypso (Wirkstoff Thiacloprid) gilt zwar als ungefährlich, gehört aber auch zu den bienenschädigenden Neonicotinoiden, die im Nervensystem der Bienen einen Dauerreiz verursachen.

„Wir Imker stellen uns vermehrt die Besorgnis erregende Frage, ob Bienen in diesem Land überhaupt erwünscht sind. Nach dem erfreulichen Zuwachs an Jungimkern in den letzten Jahren blicken auch diese besorgt in die Zukunft. Die für Umwelt und Imker entstehenden Schäden sind nicht länger tragbar und müssen dem Verursacher angelastet werden, ansonsten stehen wir Imker in Südtirol vielfach vor der Alternative, die Bienenhaltung aufzugeben, da alle erdenklichen Bemühungen, der Biene in ihrem Überlebenskampf zu helfen, bisher erfolglos geblieben sind“, lautet das traurige Fazit von Laimer.

Zum Foto Bienen auf Wabe: Der schleichende Tod der Bienen ist nicht sichtbar, da die Bienen nicht tot vor dem Stock liegen, sondern einfach nicht mehr nach Hause zurückkehren.

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